Wenn es sich nur um einen Einzelfall gehändelt hätte, aber nein, es waren gleich drei brisante Entscheidungen, die kaum nachvollziehbar sind und/oder erschreckende Einblicke in Abgründe gewähren. Ok, sie hatten viel zu tun Anfang des Monats, so kurz vor den Ferien
Zu guter Letzt war es die Entscheidung über die (nicht) verfassungsgemäßen Bundeshaushalt 2004. Es dürfen laut Grundgesetz ausnahmsweise, bei der "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts", mehr Kredite aufgenommen als Investitionen getätigt werden. Die Ausnahme ist allerdings zur Regel geworden und deswegen wurde geklagt. Die Richter haben jedoch nix dagegen, wenn die Ausnahme die Regel wird und finden das deswegen "noch vereinbar" mit dem Grundgesetz.
Vorher schon hatten die Richter eine aus meiner Sicht sehr vernünftige Entscheidung getroffen, aber die Findung war wohl abenteuerlich. Das Ergebnis war, dass die Bundestagsabgeordneten zukünftig Nebeneinkünfte ab 1000 Euro offen legen müssen. Um zu diesem Schluss zu kommen, haben die Richter jedoch ungewöhnlich lange gebraucht: Von neun Monaten Beratungszeit ist die Rede. Besser wäre jedoch der Begriff "Überredungszeit", denn vier der acht Richter haben monatelang versucht, die Kollegen vom Gegenteil zu überzeugen, also die Klage der MdBs gegen die Offenlegung zuzulassen!
Die dritte Entscheidung betrifft die Tornado-Einsätze in Afghanistan. Dazu fasse ich mich kurz, denn da hat ein anderer lesenswertes geschrieben: Heribert Prantl über "Die Aale von Karlsruhe" und "die Wurstigkeit, mit der die Verfassungsrichter eine existentielle Problematik abhandeln".